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Meldepflicht bei Attacken geplant EU will Cyber-Aufklärung leisten

Nach der Paris-Angriffe: Regierungen drücken für den Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation

Chatkontrolle: Wie die EU die Messenger-Verschlüsselung aushebeln will
 
 Autor: Old Golcs Berlin 2012
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Chatkontrolle: Wie die EU die Messenger-Verschlüsselung aushebeln will
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FRAGE UND ANTWORT
Chatkontrolle: Wie die EU die Messenger-Verschlüsselung aushebeln will
Schon bald will die EU-Kommission ihre Pläne offiziell enthüllen. Wie das technisch gehen könnte, welche Probleme das aufwirft und warum Kritiker schon jetzt auf die Barrikaden gehen

Andreas Proschofsky
23. März 2022, 08:00
, 408 Postings

Einblick in die Chats aller Nutzer haben: Das ist zwar nicht das offizielle Ziel der Chatkontrolle, Kritiker befürchten aber, dass es darauf hinauslaufen könnte.

Foto: KIRILL KUDRYAVTSEV / AFP
Langsam wird es ernst: Bereits Ende März will die EU-Kommission laut aktuellen Informationen den Entwurf für ein schon im Vorfeld äußerst umstrittenes Gesetz vorstellen: die Chatkontrolle. Deren postuliertes Ziel: die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Eine Zielsetzung, der wohl kaum jemand widersprechen wird. Dass dies nun für solchen Wirbel sorgt, liegt daran, wie man das erreichen will.

Wie aus einem im Vorjahr geleakten früheren Entwurf hervorgeht, sollen Messenger wie Whatsapp oder Signal sowie E-Mail-Anbieter dazu verpflichtet werden, nach sogenanntem Child Sexual Abuse Material (CSAM) zu suchen und die Nutzer dann an die Behörden zu melden.

Das würde einer Aushöhlung von effektiver Verschlüsselung gleichkommen, warnen angesichts solcher Perspektiven Kritikerinnen – samt brandgefährlicher Konsequenzen. Was damit gemeint ist und wie das Ganze überhaupt technischen ablaufen könnte, soll im Folgenden näher unter die Lupe genommen werden.

Frage: Wenn von "Aushebelung der Verschlüsselung" die Rede ist – was ist damit gemeint? Ich dachte, Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verhindert, dass jemand anderer mitlesen kann?

Antwort: Das tut sie auch – aber eben nur auf dem Transportweg. Die Idee der EU setzt an ganz anderer Stelle an, und zwar direkt am Smartphone der User. Dort ist ein Zugriff auf die Inhalte natürlich möglich, und das lässt sich auch technisch nicht verhindern. Immerhin muss die betreffende App selbst die Chats ja auch den Nutzern am Bildschirm anzeigen, sie zwischenspeichern und verarbeiten. Genau diese Position soll nun genutzt werden, die Apps sollen also dazu verpflichtet werden, selbst nach problematischen Inhalten zu suchen. "Client Side Scanning" nennt sich dieses Konzept.

Frage: Wie könnte das dann in der Praxis aussehen?

Antwort: Mit vollständiger Sicherheit lässt sich das noch nicht sagen. Immerhin sind die Pläne der EU derzeit noch in Entwicklung. Insofern ist auch nicht ganz klar, wie man sich die Umsetzung in der Praxis vorstellt. Die realistischste Variante ist aber, dass man schlicht eine recht grobe Aufgabe – das regelmäßige Scannen nach solchen Inhalten – stellt und den einzelnen Herstellern dann die Implementation überlässt.

Frage: Gibt es zumindest schon eine Idee davon, wie das technisch laufen könnte?

Antwort: Allerdings, und das ist Apple zu "verdanken". Hat der iPhone-Hersteller doch Mitte des vergangenen Jahres ein ebensolches System vorgestellt – und zwar ebenfalls unter den Vorzeichen des Kampfs gegen sexuellen Missbrauch von Kindern. Sehr vereinfacht sieht dieses so aus: Es wird eine Datenbank mit digitalen Fingerabdrücken einschlägiger Materialien erstellt, die laufend auf dem Smartphone aktuell gehalten wird. Diese wird dann zum Abgleich mit den in den betreffenden Apps verschickten Bildern genutzt.

Frage: Was passiert jetzt, wenn es einen "Treffer" gibt?

Antwort: Im System von Apple wäre es so gewesen, dass nach einer gewissen Zahl an Übereinstimmungen zunächst eine Meldung an Apple erfolgt – mit den betreffenden Bildern. Diese sollten dann noch einmal geprüft werden und erst nachdem sich herausstellt, dass es sich tatsächlich um solche Materialien handelt, wäre dann eine Meldung an die Behörden erfolgt.

Frage: Wieso reden wir hier im Konjunktiv? Also was ist mit dem Apple-System passiert?

Antwort: Es wurde nach massiven Protesten von Nutzern und Privatsphärenexperten vorerst wieder eingestellt beziehungsweise liegt es derzeit auf "Eis". Und "massiv" ist hier keine Untertreibung, selbst Apple-Mitarbeiter liefen öffentlich Sturm gegen die Pläne. NSA-Whistleblower Edward Snowden sprach gar davon, dass Apple damit der "Privatsphäre den Krieg erklärt" habe.

Frage: Bevor wir zur Kritik kommen, würden mich aber noch ein paar Details interessieren. Also etwa: Wer liefert in so einem Modell überhaupt diese Datenbank mit digitalen Fingerabdrücken? Wie kann ich diesen vertrauen?