Internetsabotage in Frankreich wurde
von mehreren Teams ausgeführt: "Die wussten, was sie tun"
Bei der Sabotage der Netzinfrastruktur gingen
die Angreifer koordinierter vor als ursprünglich angenommen
Ein Angriff auf die Netzinfrastruktur sorgte
für einen digitalen Blackout in Teilen Frankreichs. Wie sich jetzt
herausstellte, war die Attacke größer und koordinierter als angenommen.
Als in Paris und weiten Teilen Frankreichs
Ende April plötzlich das Internet ausfiel, dachte noch niemand an eine
gezielte Attacke auf die wichtige Infrastruktur des Landes. Vandalismus
von Einzelpersonen an Sendemasten oder Verteilern ist für Netzbetreiber
vor allem seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie und einer Flut an
Falschmeldungen nicht neu. Die Attacke in Paris zeigt aber nun, dass
offenbar Profis am Werk waren. Eine Gruppe von Angreifern ging dabei
offenbar gezielt und koordiniert an drei unterschiedlichen Orten vor,
wie jetzt bekannt wurde.
Der Angriff begann in den frühen Stunden des
27. April. "Die wussten, was sie tun", sagte Michel Combot, Vorsitzender
der Fédération Française des Télécoms, nun zu "Wired". In etwa zwei
Stunden dürfte es den Angreifern gelungen sein, die Leitungen an drei
unterschiedlichen Orten um Paris durchzuschneiden. Die Attacke geschah
mit "chirurgischer Präzision" im Norden, Süden und Osten der
französischen Hauptstadt, wie Combot betont. Um die zehn
Telekomunternehmen dürften von den Ausfällen betroffen gewesen sein –
vom Serviceprovider bis zum Netzbetreiber.
Betroffen waren sogenannte Backbone-Kabel,
die vor allem die Verbindung von Paris zu anderen Orten in Frankreich
herstellen. Die Folgen des Angriffs waren Netzausfälle in mehreren
Teilen des Landes. Vielerorts sank die Verbindungsgeschwindigkeit in
mobilen Netzwerken, weil der Internettraffic umgeleitet werden musste.
Die Attacken an den drei Orten dürften etwa
zur gleichen Zeit stattgefunden haben und verliefen alle gleich – was
sie von ähnlichen Sabotageakten an Sendemasten oder Netzinfrastruktur
deutlich unterscheidet. Laut Nicolas Guillaume, dem Geschäftsführer der
Nasca Group, waren die Angreifer darauf aus, den größtmöglichen Schaden
zu verursachen.
Zwei Dinge fielen den Ermittlern auf: Die
dicken Kabel wurden offensichtlich mit einer Kreissäge oder einem
ähnlichen Elektrowerkzeug durchgeschnitten. Die meisten Kabel wurden
nicht nur durchtrennt, sondern an zwei unterschiedlichen Stellen
abgeschnitten und das so entstandene Mittelstück entfernt. Hätten die
Täter nur einen Schnitt vorgenommen, wäre die Reparatur deutlich
einfacher gewesen – indem sie Stücke aus den Kabeln schnitten, wurde die
nötige Reparaturzeit enorm verlängert, so Guillaume. "Das ist die Arbeit
von Profis."
Die Attacke hat in Frankreich eine Debatte
über die Sicherheit kritischer Infrastruktur ausgelöst. "Ich befürchte,
derartige Attacken werden sich wiederholen, in Frankreich oder sonst wo
auf der Welt", sagte Combot. "Es gibt verschiedene verwundbare Stellen
auf der Erde", so Combot. Eine solche wäre laut dem Experten das
Unterseekabel nahe Ägypten, das Europa und Asien verbindet. Bereits im
Juni hat das EU-Parlament einen Bericht veröffentlicht, wonach mehr zum
Schutz des Verbindungskabels getan werden muss. (red, 28.7.2022)
https://www.derstandard.de/story/2000137834831/internetsabotage-in-frankreich-wurde-von-mehreren-teams-ausgefuehrt-die-wussten