Deutscher BND spioniert österreichisches Innenministerium aus
Markus Sulzbacher8. November 2015, 17:20
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Geheimdienst ist seit Jahrzehnten ein enger Partner heimischer
Geheimdienste – Innenministerium: "Nicht neu"
Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) hat Freunde aus aller Welt
systematisch ausgespäht, darunter auch das österreichische
Innenministerium. Dies berichtet der Spiegel in seiner aktuellen
Ausgabe. Das Nachrichtenmagazin bestätigt damit die Aussagen des
deutschen Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom, der im Juni im
STANDARD-Interview sagte, dass "BND und NSA österreichische
Sicherheitsbehörden anzapfen."
Aber auch die Ministerien der USA, Polens, Dänemarks und Kroatiens
standen auf der Spähliste des deutschen Geheimdienstes. Zusätzlich
wurden Anschlüsse der US-Vertretungen bei der Europäischen Union in
Brüssel und den Vereinten Nationen in New York sowie des amerikanischen
Finanzministeriums in Washington abgehört. Sogar die Hotline des
US-Außenministeriums für Reisewarnungen stand auf der Liste.
Enge Zusammenarbeit mit Bundesheer
Der BND ist seit Jahrzehnten der engste Partner heimischer Geheimdienste
– besonders eng ist die Zusammenarbeit zwischen Heeresnachrichtendienst
(HNA), einem der Bundesheergeheimdienste, und seinem Gegenstück aus
Deutschland. Die Neutralität Österreichs spielt dabei keine Rolle.
Ein Verzicht auf die Zusammenarbeit sei "unverzeihlich", da in diesem
Fall österreichische Staatsbürger und Soldaten weniger sicher wären,
hieß es dazu im Oktober des vergangenen Jahres auf Anfrage des STANDARD.
Schließlich würden Informationen der NSA, des BND und anderer
befreundeter Dienste dazu genutzt, Risikoanalysen bei Auslandseinsätzen
zu erstellen. Die Infos seien "absolut vital, um zum Beispiel Anschlägen
auszuweichen". Warum man dafür ausgerechnet das österreichische
Innenministerium ausspionieren muss, steht in den Sternen.
Der Bau der Bundesheer-Abhörstation Königswarte bei Hainburg wurde in
den 1950er Jahren von den Vereinigten Staaten finanziert. Die gewonnenen
Daten gingen auch an den BND.
Ein wenig Licht in das Dunkel könnte eine aktuelle parlamentarische
Anfrage bringen, die Mitte Oktober eingebracht wurde und Informationen
über die Aktivitäten des BND fordert. Aus dem Innenministerium heißt es
dazu, dass man die Causa prüfen werde.
Seit einigen Monaten beschäftigt auch die "Operation Eikonal" Politik,
Justiz und Medien in Deutschland und Österreich. Dabei handelt es sich
um eine zwischen 2004 und 2008 gelaufene geheime Aktion zwischen
Bundesnachrichtendienst (BND) und NSA, bei der Daten der Deutschen
Telekom abgezapft wurden. Darunter sollen sich auch Leitungen aus
Österreich befunden haben, die von der Telekom Austria angemietet worden
waren. Obwohl grüne Nationalratsabgeordnete Peter Pilz in den letzten
Monaten Dokumente über die Operation vorlegt, reagierte die Regierung
nicht.
Nicht nur staatliche Einrichtungen
Das Interesse des deutschen Dienstes beschränkte sich laut Spiegel nicht
nur auf staatliche Einrichtungen. Er spähte auch
Nichtregierungsorganisationen wie Care International, Oxfam oder das
internationale Komitee des Roten Kreuzes in Genf aus. In Deutschland
standen zahlreiche ausländische Botschaften und Konsulate auf der
BND-eigenen Selektorenliste. So wurden E-Mail-Adressen, Telefon- und
Faxnummern von Vertretungen der USA, Frankreichs, Großbritanniens,
Schwedens, Portugals, Griechenlands, Spaniens, Italiens, Österreichs,
der Schweiz und selbst des Vatikans überwacht.
"Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht."
Vor drei Wochen war bekannt geworden, dass der BND nicht nur im Auftrag
des US-Geheimdienstes NSA europäische Partner ausspioniert, sondern
diese auch in eigener Regie abgehört hat.
Im Oktober 2013 hatte Kanzlerin Angela Merkel einen Spähangriff der NSA
auf eines ihrer Handys mit den Worten verurteilt: "Ausspähen unter
Freunden – das geht gar nicht." Für den BND galt diese Losung
offenkundig nicht.
Update 17:00
Das Innenministerium in Wien bezeichnete die Informationen des
"Spiegels" am Sonntag als "nicht neu und seit langem öffentlich". Die
Vorwürfe seien außerdem bereits Gegenstand des Verfahrens, das bei der
Staatsanwaltschaft liege, erklärte Innenministeriumssprecher Karl-Heinz
Grundböck gegenüber der APA.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte im Mai nach Berichten,
dass der BND dem US-Geheimdienst NSA unter anderem bei der Bespitzelung
heimischer Behörden geholfen haben soll, Anzeige "gegen Unbekannt"
erstattet. (Markus Sulzbacher/APA, 8.11.2015)
Update: Stellungnahme des Innenministeriums eingebaut.
Link
Spiegel
Nachlese
"BND und NSA zapfen österreichische Sicherheitsbehörden an"
BND, NSA und Bundesheer: Enge Verwanzte
Pilz: Berlin genehmigte NSA-Spionage gegen Österreich
http://derstandard.at/2000025286186/Deutscher-BND-spioniert-oesterreischiches-Innenministerium-aus?ref=rec