Schrödingers Rechenprozesse für schnellere Quantencomputer
Nicht nur Objekte, sondern auch Prozesse können sich an zwei Orten
gleichzeitig befinden. Das schafft neue Möglichkeiten
Katzen in Kisten müssen immer wieder herhalten, um das komplexe Thema
der Quantenphysik lebensnah zu erklären.
Foto: Getty Images/iStockphoto/CeciliaLascialfari
Arbeitet ein Computer eine Aufgabe ab, tut er dies in einer bestimmten
Abfolge einzelner Rechenschritte. Die Quantenphysik erlaubt es einem
speziell aufgebauten Quantencomputer aber auch, Berechnungen quasi
gleichzeitig in einer "Superposition" verschiedener Abfolgen der
Rechenschritte durchzuführen. Laut Wiener Forschern ginge das auch
einfacher als bisher vermutet, außerdem mache der Ansatz diesen Rechner
umso überlegener, je komplexer die Aufgabe ist.
An zwei Orten gleichzeitig
In der Quantenmechanik können sich Systeme in bizarr anmutenden
Überlagerungszuständen befinden. So kann sich ein und dasselbe Objekt an
zwei Orten "gleichzeitig" aufhalten. So wie das berühmte
Gedankenexperiment von Erwin Schrödinger, bei dem eine Katze
gleichzeitig sowohl tot als auch lebendig ist, sind sie sowohl an dem
einen als auch an dem anderen Ort. Physiker sprechen in diesem Fall von
Superposition.
Ist das für den Alltagsverstand schon entsprechend schwer zu fassen,
können sich auch Abfolgen von Ereignissen in einem solchen
Überlagerungszustand befinden. Ob dann eine Begebenheit A vor
Begebenheit B stattfindet oder umgekehrt, kann nicht bestimmt werden.
Umgelegt auf einen Quantenrechner könnte ein solcher auch Berechnungen
ausführen, ohne dass dabei fix festgelegt ist, nach welcher Reihenfolge
die einzelnen Rechenschritte erfolgen.
Bessere Quantencomputer
Ein solcher Computer, der Rechnungen gewissermaßen parallel in allen
möglichen Abfolgen der Rechenschritte ausführt, könnte verschiedene
Aufgaben auch deutlich effizienter lösen als ein anderer
Quantencomputer. Schafft man es also, so ein System zu entwickeln, würde
man "Quantencomputing gegenüber herkömmlichen Quantencomputing nochmals
verbessern", sagte Časlav Brukner vom Institut für Quantenoptik und
Quanteninformation der Akademie der Wissenschaften und der Universität
Wien.
In einem "normalen" Quantenrechner durchläuft ein Informationsträger
(Qubit) hintereinander verschiedene Quantenoperationen (Gates) in einer
bestimmten Reihenfolge. Diese Gates könne man sich als verschiedene
"Blackboxes" vorstellen, die ein Qubit – zum Beispiel ein Photon, das
Quanteninformation trägt – passiert und dabei eine Veränderung erfährt.
Je mehr solcher Boxen ein Qubit durchläuft, umso aufwendiger ist es, die
Information wieder auszulesen. Passiert das Photon diese Boxen – vulgo
einzelne Rechnungen – aber in einer Überlagerung aller möglichen
Abfolgen, geht das deutlich schneller. Der Geschwindigkeitsvorteil fällt
noch dazu umso größer aus, je komplexer die Aufgabe ist.
Brukner und Ko-Autor Martin Renner konnten in ihrer im Fachblatt
"Physical Review Letters" erschienenen Arbeit auch die Annahme
widerlegen, dass es für in Superposition befindliche komplexere
Berechnungen auch unbedingt komplexere Quanteninformationsträger
braucht. Die Behauptung war: "Je mehr Boxen, desto mehr Dimensionen muss
auch das System haben", sagte Brukner. Dass dem nicht so sein muss,
mache den Ansatz zusätzlich interessant. (APA, 17.6.2022)
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