Anwaltskanzlei Pichler: Von Gewährleistungsanspruch über
Preisminderung bis zum Austausch der Computer
Seit wenigen Tagen sind weitreichende Sicherheitsmängel bei
Computerchips praktisch aller Hersteller bekannt. In den USA sind die
ersten Klagen bereits eingereicht, aber auch in Österreich gibt es
mehrere rechtliche Möglichkeiten für geschädigte Verbraucher oder
Unternehmer, so Anwalt Clemens Pichler aus Dornbirn im Gespräch mit der
APA.
Österreicher müssen sich zunächst an jenes
Unternehmen wenden, bei dem sie ihren Computer gekauft haben. Dieses ist
für eine Sanierung des Schadens zuständig. Der Händler muss aber "Zeit
bekommen, nachzudenken" wie er auf eine Forderung nach Wiedergutmachung
des Schadens reagieren will. Frühestens Ende Jänner könnte es zu ersten
Klagen kommen, meint Pichler. Eine Sammelklage wie in den USA gibt es in
Österreich nicht, gleich gelagerte Klagen können aber nach einer
Einzelprüfung zusammengefasst behandelt werden.
Gewährleistung
Wenn der Mangel bereits beim Kauf des
Computers bestanden hat – was im Zusammenhang mit dem aktuellen
Sicherheitsproblem aus Sicht Pichlers "zweifellos der Fall ist", gilt
die Gewährleistungspflicht des Verkäufers, unabhängig von seinem
Verschulden. Sie ist in der Regel zwei Jahre ab Übergabe des Geräts
gültig. "Der Händler muss den mangelhaften Prozessor austauschen oder
den Mangel kostenlos beheben", so Pichler. Auch für Arbeitszeit oder
Ersatzteile darf nichts verrechnet werden.
Vielleicht sei die Sicherheitslücke sogar so
ein großer Fehler, dass eine "Irrtumsanfechtung" vor Gericht möglich
ist. Wenn der Kunde das Gerät mit diesem Sicherheitsmangel nicht gekauft
hätte, kann er den Computer zurückgeben und sein Geld zurückfordern.
Dafür hat er drei Jahre ab Kauf des Geräts Zeit. Falls die neue
Sicherheitssoftware das Gerät deutlich verlangsamt, kann er eine
Preisminderung verlangen.
Verschuldensfrage
Nur wenn dem verkaufenden Unternehmen ein
Verschulden nachgewiesen werden kann, wäre Schadenersatz möglich. Auch
hier ist der Vertragspartner der Ansprechpartner. "Die Geltendmachung
direkt gegen Intel wird in Österreich mangels Zuständigkeit
voraussichtlich nicht möglich sein", so die Einschätzung der Kanzlei
Pichler, die noch prüft, ob vielleicht auch Klagen wegen Produkthaftung
oder Arglist denkbar sind.
Wer sich den Rechtsweg offen halten will,
sollte gleich einmal das Unternehmen, von dem der Computergekauft wurde,
auffordern, die Haftung dem Grunde nach anzuerkennen und eine
Verjährungsverzichtserklärung abzugeben. Gegen große Händler wären
gemeinsame Klagen Betroffener denkbar, bei kleinen lokalen Händlern
seien eher individuelle Lösungen sinnvoll, so Pichler. (APA, 7.1.2017)
Nachlese
Prozessorlücken bei Intel und Co gefährden
fast alle PCs und Smartphones
CPU-Sicherheitslücken: Einfach prüfen, ob man
betroffen und geschützt ist
http://derstandard.at/2000071624519/CPU-Sicherheitsluecken-Auch-in-Oesterreich-mehrere-Klagsmoeglichkeiten