Berliner Zeitung - Nummer 210 • 6./7.
September 2008
Titel :
Laptop weg Büro geschlossen
Die US-Heimatschutzbehörde kann bei der
Einreise ohne Begründung Datenspeicher jedweder Art
beschlagnahmen und weitergeben
Information
VON EVA SCHWEITZER
NEW YORK. Wer mit einem Laptop in die USA reist,
könnte eine unangenehme Überraschung erleben: Die Grenzkontrolleure,
die der Behörde für Heimatschutz unterstehen, dürfen alle Laptops,
Handys, PDAs, USB-Sticks, Festplatten, iPods, Pagers, Blackberrys,
Videokameras und andere Datenträger sowie Bücher oder Flugblätter
beschlagnahmen, lesen, kopieren und weitergeben. Zudem dürfen sie
die Geräte über längere Zeit behalten. Eines konkreten Verdachts
oder einer Straftat bedarf es nicht. Der Chef des Department of
Homeland Security, Michael Chertoff, begründete das Vorgehen mit der
Terrorabwehr. Es sei bereits viel„dschihadistisches Material"
entdeckt worden. Inzwischen veröffentlichte die Homeland Security
auch die Richtlinie, die den Titel Polich Regarding Border Search of
Information trägt. Anlass für Chertoffs plötzliche Offenheit waren
Presseberichte über ein Urteil eines Gerichts in San Francisco. Das
hatte es für rechtens erklärt, dass die Grenzkontrolle den Laptop
eines aus dem Ausland einreisenden Amerikaners beschlagnahmt hatte.
Wie viele Reisende das bisher betroffen hat, ist
unklar. Chertoff zufolge passieren rund 400 Millionen Menschen im
Jahr die US-Grenze. Davor würde nur ein „winziger Prozentsatz"
kontrolliert. Selbst wenn das nur 0,1,Prozent wären, beträfe das
fast eine halbe Million Reise de. Hingegen berichtet die Vereinigung
reisender Geschäftsleute, dass sieben Prozent aller Laptops
kontrolliert würden. „Dabei ist der Laptop heutzutage quasi ein
Büro", sagte Direktorin Susan Gurley Deshalb greife der
Verfassungszusatz, der grundlose Durchsuchungen der Wohnung
verbietet.
Diese Durchsuchungspraxis dient aber nicht nur
der Terrorabwehr, sondern auch der Verbrechensbekämpfung. Die
Grenzkontrolleure suchen auch nach Kinderpornografie,
Hasspropaganda, Informationen über Geldwäsche und Drogenhandel, nach
illegal aus dem Internet heruntergeladener Musik, Copyright- und
Patentverletzungen oder Nachweisen, dass Embargos verletzt wurden.n-
Damit öffnet dieses Vorgehen aber auch der Wirtschaftsspionage Tür
und Tor. Denn die Grenzer dürfen diese beschlagnahmten Daten mit
anderen Behörden, Spionage-Agenturen wie der CIA oder der NSA, aber
auch mit privaten Firmen teilen, und zwar für „Ubersetzungszwecke,
Datenentschlüsselung und andere Gründe". Was mit diesen Daten
letztlich passiert, ist unklar. Zwar heißt es in der Richtlinie,
alle Kopien, die an Dritte weitergegeben würden, müssten vernichtet
werden, aber das kontrolliert niemand. Der Richtlinie zufolge sollte
bei geschäftlichen Informationen auch der Datenschutz beachtet
werden, aber das ist eine Kann-Bestimmung.
USA Proteste auch deshalb, weil manche fürchten,
dass nun europäische oder chinesische Grenzer Laptops von
US-Geschäftsleuten beschlagnahmen könnten. Man kann der Schnüffelei
auch selbst vorbeugen. Daten sollten immer verschlüsselt werden.
Noch besser ist es, man speichert die Dateien, die man in den USA
benötigt, auf einem geschützten Server ab, und reist mit einem
unbeschriebenen Laptop ein. Im Land kann man die Dateien wieder
herunterladen.
Das Briefgeheimnis ist von der US-Verfassung nach
wie vor geschützt. Werden Papiere oder CDs per Post verschickt, darf
das Department of Homeland Security Briefe nur mit richterlichem
Beschluss öffnen.
Kommentar :
"Und die Lehre aus dieser Geschichte, besinn Dich
auf Deine alten Tugenden, nimm Papier und Bleistift"